Push Hands / tui shou schulen die Erfahrung der Tai Chi Prinzipien
Push Hands, manchmal auch Pushing Hands, sind Partnerübungen der Kampfkunst Tai Chi Chuan. Sie ermöglichen zwei Personen gemeinsam die Tai Chi Form zu üben und verschiedene Aspekte der Bewegungen gezielt zu verfeinern. Dabei geht es auch um die Kontrolle der Bewegungen auf ihre Funktionalität. Durch Push Hands können Tai Chi-Praktizierende ihren Fokus auf die Ausführung der Bewegungen verbessern und ihre Körperbeherrschung und Balance stärken.
Im Tuishǒu wird das durch das Üben der Form erarbeitete Verständnis der Prinzipien im Kontakt mit einem Mitspieler umgesetzt. Ziel ist die Überprüfung der zuvor allein trainierten Bewegungen, es schult die Wahrnehmung und die Analyse des eigenen Handelns.
Während dieser Übungen steht der Austausch mit dem „Gegner“ im Fokus, um ein gegenseitiges Verständnis für Körperbewegungen und -reaktionen aufzubauen. Dabei stehen sich die Trainingspartner gegenüber und berühren einander entsprechend der jeweiligen Zielsetzung des Trainings.
Push Hands sind eine herausfordernde, aber lohnenswerte Praxis, die sich zu erlernen lohnt. Denn sie fördert den eigenen Fortschritt, da sich durch sie die Konzentration, Aufmerksamkeit, Entspannung und das Körperbewusstsein verbessert.
Diese in Dialog erfahrenen Strategien sind hilfreich, sowohl bei der Konfliktbewältigung, aber auch generell im Leben.
Was bedeutet „Push Hands“ oder tuishǒu eigentlich?
Der chinesisch Ausdruck tuishǒu oder tui shou wird in Deutschland mit dem englischen Begriff der „Push Hands“ bezeichnet. Diese Übersetzung enthält zwei wesentliche Fehler, die leider immer wieder zu Verwirrung führen:
Der erste Irrtum ist das chinesische Wort „shǒu„, also die Hand oder die Hände, zu wörtlich zu nehmen. Die Hände sind nur ein Mittel zum Zweck, aber bei weitem nicht alles worum es geht.
Das chinesische Wort tui entspricht dem englischen Wort „push“, also „drücken“ oder „schieben“. Bei den Push Hands wird weder das eine noch das andere praktiziert. Betrachtet man die chinesischen Schriftzeichen (Achtung, ich bin kein Sinologe), dann besteht das Zeichen wiederum aus einer Hand und einem kleinen Vogel: Etwas wird mit der Hand nach vorne bewegt.
Es gibt mehrere Versuche, Push Hands durch eine sinnvollere Bezeichnung zu ersetzen: Begriffe wie „drängende Hände“ oder „schlagende Hände“ sind für mich keine Verbesserung, Fühlende Hände, sich kreuzende Hände oder wahrnehmende Hände habe ich auch schon gelesen.
Ich persönlich bevorzuge die Bezeichnung „Impulsgeber“. Der Übungspartner gibt mir einen Impuls, auf den ich den Taiji-Prinzipien entsprechend reagiere oder antworte. Für mich ist die beste Beschreibung der Partnerübungen die eines körperlichen Dialogs. Einer „sagt“ etwas, gibt also einen Impuls, und der oder die andere „antwortet“ darauf.
Vielleicht sind die besten Dialoge diejenigen, die gänzlich ohne Worte auskommen?
Innere Weisheit erfahren durch Push Hands
Prinzip und Technik sind die beiden Säulen jeder erfolgreichen Anwendung, sagt man.
Aber was sind Prinzipien überhaupt? Es sind die Gesetzmäßigkeiten, auf die alles weitere aufbaut. Es ist das grundlegende Konzept, das den Kern – nicht nur des Tai Chi Chuan – ausmacht.
Partnerarbeit ist ein wichtiger Teil des Tai Chi Training. Durch sie wird das Verständnis der taiji-Prinzipien erweitert und vertieft. Es geht – wie immer – darum, den Körper zu entspannen, das Gleichgewicht zu halten, aber nun auch die Impulse und Kräfte des Partners abzufangen und umzuleiten.
Und was ist eine Technik? Es ist die Methode oder der Weg, um die Leitlinien erfolgreich anzuwenden. Technik ist die praktische Umsetzung, die Anwendung.
Zusammen bilden beide ein unschlagbares Duo: das Grundsätzliche weist uns die Richtung, während die Technik, (im Huang Tai Chi Chuan die Loosenings, die Formen oder die Partnerarbeit) uns ermöglicht, unser Verständnis dieser auf effektive und effiziente Weise zu erforschen und zu erlernen.
Drei Arten von Push Hands: Fixed Pattern, Halbfreies und Freies Push Hands
Im Trainingssystem nach Huang Sheng Shyan gibt 18 Partnerübungen. Bei den Fixed Pattern ist der Ablauf der Bewegungen für beide Personen exakt vorgegeben. Es gibt viele unterschiedliche feste Abläufe, die die verschiedene Bewegungsabläufe quasi in eine Endlosschleife bringen. Dadurch können sie beliebig oft und ohne Unterbrechung wiederholt und genauer wahrgenommen und erfahren werden .
Beim Halbfreien Push Hands darf einer der Partner ohne Reglement agieren, während der andere bestimmten Regeln unterliegt. Hier geht es um die gezielte Schulung der Wahrnehmung des „Angegriffenen“, die Fähigkeit des „Zuhörens“.
Im Freien Push Hands dürfen beide Partner beliebig agieren, sind jedoch angehalten, die Grundregeln des Tai Chi zu beachten. Das bedeutet übrigens, dass es sich nicht um einen freien Kampf handelt. Es ist ein Trainingsinhalt.
Praxis erforderlich: Koordinierte Bewegungen mit Partner
Es ist keine leichte Aufgabe, sie erfordert unzählige Wiederholungen. Nicht nur die eigenen Körperbewegungen müssen be(ob)achtet werden. Sie bedürfen auch noch der Koordination mit dem Verhalten des Mitspielers. Daher wundert es nicht, dass im „normalen“ Unterricht die Partnerübungen oft gar nicht auf dem Lehrplan stehen.
Auch Workshops sind relativ selten. Nicht jeder Lehrer oder Lehrerin ist automatisch mit Begeisterung dabei, wenn es um das Unterrichten der Partnerübung des Tai Chi Chuan geht. Denn leider sind einige Teilnehmer nicht nur mit irrigen sondern gar irrwitzige Vorstellungen unterwegs. Und Beratungsresistenz ist auch in der Kampfkunst ein echtes Hindernis.
Sowohl über den Sinn und Zweck der Übungen, als auch über das erforderliche Setting sollte zumindest ein Grundverständnis vorhanden sein oder spätestens vor der ersten Berührung erreicht werden. Ohne dieses sind die Übungen nicht nur freudlos, sondern eher Krampf als Kampf.
Push Hands Treffen finden oft jährlich, teilweise auch öfter statt. Auch hier ist es meist eine Frage des Gegenübers, ob die Begegnung ein weiterüben, ringen, kämpfen oder eine Mischung aus allem ist. Der Umgang miteinander ist teilweise mehr als fraglich, aber es gibt auch erfreuliche Ausnahmen.
Egal ob privates oder organisiertes Treffen: Stehen sich die Partner gegenüber, ist es notwendig und sinnvoll sich zu einigen, was geübt werden soll. Anderenfalls entstehen nur Konflikte, innerlich und/oder äußerlich.
Über die Kraft und den Geist
Wenn du dich für das Taijiquan interessierst, dann wirst du sicher auch schon einmal von der Jin-Kraft gehört haben. Diese Kraft ist in ihren unterschiedlichen Ausprägungen ein zentrales Element dieser Kampfkunst.
Statt die sogenannte äußere Kraft (chinesisch: li) anzuwenden, setzt du auf eine entspannte innere Kraft (chinesisch: jin) , die sich aus deiner inneren Struktur heraus entwickelt.
Wenn du dich mit der Jin-Kraft vertraut machst, wirst du erleben, wie du immer müheloser und entspannter agierst, denn du lernst, wie du deine Energie gezielt einsetzen kannst. So kannst du dich „verteidigen“, ohne dabei unnötige Anstrengungen oder gar Gewalt anzuwenden.
Die Jin-Kraft, besser Kräfte des Tai Chi ist Teil der zugrunde liegenden Philosophie. Tai Chi kann dein Leben in allen Bereichen verbessern, wenn du bereit bist, dich auf dieses Abenteuer einzulassen. Dann wirst du erleben, wie du zu einem Meister deines eigenen Lebens wirst.
Lass dich inspirieren und entdecke auch diesen Teil der wunderbaren Welt des Taijiquan!